RENDEZ-VOUS: DOMENICO BLASS, JOURNALIST, DREHBUCHAUTOR

Schreibkünstler

Wie macht er das bloss? Domenico Blass schreibt Drehbücher wie andere E-Mails. Und ist damit äusserst erfolgreich. Auch die Variété-Weihnachtsshow “Concours” stammt von ihm.

Von Christoph Schuler

Unweit der Burgwies steht der verwinkelte Komplex aus Wohn- und Fabrikräumen, der so malerisch heruntergekommen und unzürcherisch romantisch wirkt, dass man sich in Genua oder Neapel wähnt. Nur geht der Blick aus Domenico Blass‘ geräumiger Schreibstube nicht aufs weite Meer hinaus, sondern in einen bunten Herbstwald, was aber, wie Blass versichert, genauso inspirierend sei. Ob Wald oder Meer, Domenico Blass ist ständig inspiriert, anders ist sein beachtlicher, um nicht zu sagen überwältigender Ausstoss an Texten nicht zu erklären. So stammt das Drehbuch des Films “Bad News”, der am diesjährigen Filmfestival von Locarno lief, ebenso von ihm wie die der Schweizer Filme “Ernstfall in Havanna” (2002), “Füür oder Flamme” (2002) und von Episoden der Sitcoms “Fertig lustig” (2002) und “Boxershorts” (1997). Lea Hadorn präsentiert seit letztem Jahr jeden Monat seine Texte in der “Haushaltrevue” im Winterthurer Casino, Erich Vock liess sich von Blass sein Soloprogramm “Vock yourself” schreiben, und für Vera Kaa verfasste er Songtexte; er ist Ko-Autor der Satiresendung “Punkt CH”, und gerade jetzt mit der Entwicklung einer Sitcom fürs Schweizer Fernsehen DRS beschäftigt. Daneben schreibt er bei mehreren Sitcom-Projekten in Deutschland und bei einem in Österreich mit.

WUNSCHZIEL ERREICHT

Überarbeitet wirkt Domenico Blass aber ganz und gar nicht. Entspannt erzählt er von jugendlichen Schreibversuchen, wie er einst Muppet-Show-Sketches verfasste und sie mit den von seiner Mutter genähten Kermit-Puppen umsetzte, von Schülerzeitungen und seinem späteren Engagement beim Magazin “Bonus”. “You can get it if you really want”, zitiert Blass seinen damaligen Chef; er hat dieses Motto Roger Schawinskis übernommen, zu Eigen gemacht und mit seinem unübersehbaren Erfolg bestätigt: “Ich wollte schon immer ums Verrecken schreiben. Mit vierzig Jahren, so hatte ich mir geschworen, wollte ich allein vom Drehbuchschreiben leben können. Hartnäckig und zielstrebig wie ich bin, habe ich das, trotz Widerständen und Rückschlägen, auch geschafft!”

Produktionsfirmen gingen Konkurs, hin und wieder gab es keinen Lohn, und manchmal, sagt er, sei es auch vorgekommen, dass seine Texte erbarmungslos verrissen worden seien. Allzu tragisch kann dies alles nicht gewesen sein, denn heute ist er mit seinen 38 Jahren so bekannt und begehrt, dass man sich im ganzen deutschen Sprachraum um seine Drehbücher reisst. Ein anderer würde sich darauf ziemlich viel einbilden, Blass lächelt bescheiden und meint, er verstehe sich eben als Handwerker, nicht als Künstler. “Ich bin keiner, der nachts aufsteht, um geniale Einfälle zu notieren”, und überhaupt schreibe er einfach so gerne, dass ihm eigentlich fast jeder Auftrag recht sei. Wie gut er das kann, ist gerade jetzt anlässlich der von Blass geschriebenen Variété-Weihnachtsshow “Concours” nachzuprüfen mit Erich Vock in der Hauptrolle.

Zürich, Theaterzelt Rennbahn Oerlikon
Do 11.11. (Premiere) 20 Uhr. Bis 31.12.
www.himmelauferden.ch.

11. November 2004

Ganzer Artikel als PDF: „Züri-Tipp“ (2004)